19.1.2022

Veganuary – gut für Klima und Körper?

Um den Zungen brechenden Begriff «Veganuary» kommt man im Moment nicht herum. Unsere Ernährungsberaterin Sandra Hässig, wagt den Selbstversuch und verrät als Expertin, was es braucht, damit es bei der Umstellung auf eine rein pflanzliche Ernährung auch dem Körper gut geht.


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Welche positiven Aspekte können Sie als Ernährungsberaterin der veganen Ernährung abgewinnen?Mir ist es wichtig, einen Beitrag Klima- und Tierschutz zu leisten. Als Ernährungsberaterin verfolge ich zudem die Datenlage bezüglich Auswirkungen auf den Körper. Diese belegen, dass man mit einer bewussten und ausgewogen veganen Ernährung der eigenen Gesundheit auch etwas Gutes tun kann.

Beteiligen Sie sich am Veganuary?
Ja, alle 31 Tage.

Ernähren Sie sich den auch sonst vegan?
Nein, ich ernähre mich nicht vegan, werde aber nach diesem Januar vermehrt pflanzliche Alternativen und Menüs in meinen Speiseplan einbauen.

Haben Sie schon vermehrt auf Veganerinnen und Veganer in Ihrer Beratung?
Als Ernährungsberaterin im Spital hatte ich bis anhin keine Veganerinnen oder Veganer in der Beratung. In meinem privaten Umfeld stelle ich fest, dass sich Veganerinnen und Veganer oft selbständig mit dem Thema Ernährung befassen. Für die Nährstoffversorgung wäre eine professionelle Begleitung meines Erachtens aber sehr empfehlenswert.

Worauf müssen Veganerinnen und Veganer bei der Ernährung denn besonders achten?
Wie «Mischköstler» sollten Veganerinnen und Veganer auf eine nährstoffdeckende Ernährung achten. Weil wegen des Veganismus alle tierischen Lebensmittel wegfallen, müssen die entsprechenden Nährstoffe durch qualitativ hochwertige pflanzliche Alternativen ersetzt werden. Tierische Eiweissquellen wie Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte enthalten viel Eiweiss. Um eine ausreichende Proteinaufnahme sicherzustellen, müssen tierische Eiweisslieferanten durch pflanzliche Quellen ersetzt werden. Eine hochwertige Eiweissquelle ist beispielsweise Soja und daraus hergestellte Produkte wie Tofu oder Tempeh. Aber auch sojafreie Produkte wie Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen etc.), Planted, Seitan und weitere können einen wichtigen Beitrag zur Eiweissversorgung leisten.

Empfohlen sind mindestens 3 Portionen am Tag. Das heisst pro Hauptmahlzeit sollte mind. 1 Portion eines eiweisshaltigen Lebensmittels vertreten sein.

Zu den kritischen Nährstoffen gehören nebst Protein die Vitamine B2, B12 und D, Jod, Selen, Zink, Calcium, Eisen, einige Fettsäuren (EPA und DHA) sowie Lysin (Aminosäure). Die Energiezufuhr kann durch die Umstellung auf eine vegane Ernährung vermindert sein. Daher sollte ebenfalls ein Augenmerk auf eine ausreichende Energieversorgung gelegt werden.

Welche Nahrungsergänzungsmittel empfehlen Sie? Braucht es diese überhaupt oder kann man sich die fehlenden Stoffe über eine nicht-tierische Quelle zuführen?
Ein hochwertiges Nahrungsergänzungsmittel kann vor allem bei restriktiven Ernährungsweisen eine hilfreiche Ergänzung sein. Richtig eingesetzt kann ein Nahrungsergänzungsmittel wie beispielsweise ein Multivitaminpräparat (abgestimmt für Veganer) dabei helfen, Nährstofflücken zu schliessen und die Lebensmittelauswahl flexibler zu gestalten. Allerdings sind Nahrungsergänzungsmittel kein Ersatz für eine ausgewogene und gesunde Ernährung.
Tierische Lebensmittel haben grundsätzlich kein Monopol für gewisse Nährstoffe. Daher kann der Nährstoffbedarf auch über eine pflanzliche Ernährung gedeckt werden. Eine Ausnahme bildet das B12, welches zum heutigen Zeitpunkt nur in tierischen Produkten zu finden ist. Dies sollte entsprechend über ein Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden, welches als Medikament auch vegan ist.
Über die zusätzliche Ergänzung von Omega-3 Fettsäuren (EPA und DHA) ist sich die Wissenschaft aktuell noch uneinig. Eine pflanzliche Alternative zu den im Fischöl enthaltenen EPA und DHA-Fettsäuren ist das Algenöl.

Was empfehlen Sie Menschen, die auf eine vegane Ernährung umstellen möchten?
Man sollte sich gut über die vegane Ernährung informieren und hierfür wissenschaftliche und zuverlässige Quellen nutzen (beispielsweise Guidelines und Informationen vom Bund sowie der Ernährungsgesellschaften). Eine persönliche Beratung mit einer Ernährungsberaterin, einem Ernährungsberaterin hilft, die individuelle Nährstoffversorgung sicherzustellen. Zu beginn würde ich schrittweise auf vegane Ernährung umstellen, um mit der Verwendung von Ersatzprodukten vertraut zu werden. Bis man weiss, welche Produkte wo erhältlich sind und wie man sie einsetzen möchte, braucht es etwas Zeit. Zudem würde ich von Beginn weg ein B12-Präparat einnehmen und dann unbedingt einmal jährlich die Blutwerte durch die Hausärztin oder den Hausarzt im Labor überprüfen lassen.

Und wie sieht der Menuplan eines veganen Tages bei Ihnen aus?
So wie auf den Fotos *lacht*. (Anmerkung Redaktion: siehe Bildstrecke unten)

Herzlichen Dank, Sandra Hässig, für diese konkrete Anleitung!

Spitalküche im Wandel

Auch das Küchenteam des Spitals Männedorf achtet auf ausgewogene und nachhaltige Nahrungsmittel. Der Küchenchef Sebastian Kuhnert legt grossen Wert auf regionale und nachhaltige Produkte. Vegetarische Alternativen gehören deshalb schon lange zum festen Menu-Bestandteil. Auch Veganerinnen und Veganer erhalten vollwertige und abwechslungsreiche Pflanzen basierte Kost – im Personalrestaurant ebenso wie als Patientinnen oder Patienten. «Wir erweitern das Angebot an rein pflanzlichen Gerichten fortlaufend, weil auch die Nachfrage immer grösser wird. Ich persönlich bin vom Nutzen für unseren Körper und unseren Planeten überzeugt», so Kuhnert.