25.1.2024

Neue Erkenntnisse zu Bleischürzen in der Röntgen-Diagnostik

Seit Neuestem wird beim Röntgen weitgehend auf die altbekannten Bleischürzen (Patientenschutzmittel) verzichtet. Weshalb dies der Fall ist und weshalb es für den Strahlenschutz sogar von Vorteil ist, erklärt Dr. Christos Loupatatzis, Chefarzt Radiologie am Spital Männedorf, im folgenden Interview:


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Patientinnen und Patienten haben sich daran gewöhnt – zur Röntgenuntersuchung gehört die Bleischürze. Welchen Zweck verfolgte man ursprünglich mit den Bleischürzen?

Bleischürzen wurden bei Röntgenuntersuchungen eingesetzt, um Patientinnen und Patienten vor Strahlenexposition zu schützen. Röntgenstrahlen sind eine Form von ionisierender Strahlung, die bei der Durchdringung von Gewebe Schäden auf zellulärer Ebene verursachen können.

Was hat dazu geführt, dass man heutzutage weitestgehend auf Patientenschutzmittel verzichtet?

Der aktuelle Stand der Wissenschaft zeigt auf, dass Bleischürzen heute bei sachgerechter Anwendung kaum eine Reduktion der Strahlenbelastung für Patientinnen und Patienten bewirken. Im Gegenteil, wenn Bleischürzen nicht optimal positioniert werden können, erhöht sich das Risiko einer Strahlenbelastung. Auf Basis dieser Erkenntnisse haben sich die Empfehlungen von nationalen und internationalen wissenschaftlichen Gesellschaften in den letzten Jahren entsprechend verändert. Das BAG weist explizit bei der Anwendung von Patientenschutzmitteln auf diese Empfehlungen hin.

Was sind die Kernaussagen dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse?

Moderne bilddiagnostische Geräte regeln die Strahlenmenge für jedes Bild individuell und automatisiert. Die Strahlendosis wird so eingestellt, dass einerseits ein optimales Bildresultat erzeugt wird und andererseits die Strahlenbelastung so gering wie möglich gehalten wird. Wenn eine Bleischürze genutzt wird und diese im oder in der Nähe des Untersuchungsareals liegt, erkennt das jeweilige Gerät eine Dichteanhebung des Gewebes und versucht mittels Erhöhung der Strahlenmenge dieser entgegenzuwirken. Dies führt effektiv zu einer höheren Strahlenbelastung für die untersuchte Person.

Wichtig zu verstehen ist: Ein grosser Anteil der Strahlenbelastung bei Untersuchungen wie Röntgen, Durchleuchtungen und Computertomographie entsteht durch Streustrahlen im Patientenkörper selbst. Die Entstehung von Streustrahlen kann durch Anbringung von Bleischürzen von aussen nicht verhindert werden.

Warum trägt das medizinische Personal weiterhin Bleischürzen?

Bleischürzen schützen effektiv gegenüber externen Strahlenquellen. So können und müssen sich Mitarbeitende im Arbeitsalltag vor Strahlung schützen, die im Sinne von Streustrahlung z.B. im Patientenkörper während einer Untersuchung entsteht.

Welche Massnahmen werden heutzutage für den Strahlenschutz des Patienten getroffen?

Anstelle der Anwendung von Bleischürzen wird aktuell der Fokus im Strahlenschutz auf die optimierte Anwendung technischer Mittel gelegt. D.h. die Verwendung von Röntgensystemen, die dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen, korrekte Patientenpositionierung und Einstelltechnik, Einblendung und angepasste Expositionsparameter.