21.6.2022

Stressfreier Darm

Divertikel sind Ausstülpungen im Darm. 10 Prozent der Menschen unter 50 Jahren haben Divertikel, bei den über 70-jährigen sind es gar 50 Prozent. Divertikel sind nicht schlimm, solange sie nicht zu einer Entzündung und Bauchschmerzen führen. Dann spricht man von einer Divertikulitis.


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Am Spital Männedorf behandelt Dr. med. Reint Burger, Leitender Arzt in der Klinik für Bauchchirurgie, Patientinnen und Patienten mit Divertikulitis.

Reint Burger, weshalb haben vor allem ältere Menschen Divertikel?
Aufgrund unserer ballaststoffarmen Ernährung entwickeln sich während unserer Lebenszeit vermehrt Divertikel.

Dann sollten wir mehr Ballaststoffe wie Getreide, Hülsenfrüchte und Gemüse und Obst essen, um Divertikel zu vermeiden?
Eine ausgewogene Ernährung ist selbstverständlich der Schlüssel zu einer besseren Gesundheit. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass Divertikel zwar durch unsere Essgewohnheiten entstehen, sie aber durch keine Diät eine Entzündung der Divertikel verhindern können. Einzig auf regelmässigen Stuhlgang sollte man achten. Verstopfung ist immer ein Stress für den Darm.

Wann spricht man denn von der Divertikelkrankheit?
Von der Divertikelkrankheit spricht man, wenn die Divertikel Beschwerden oder Komplikationen hervorrufen. Wenn sich Divertikel entzünden, dann spricht man von Divertikulitis.

Welche Symptome hat man, wenn man an der Divertikelkrankheit leidet?
Meistens klagen die Patientinnen und Patienten über Bauchschmerzen im linken Unterbrauch, manchmal auch über Blähungen, Völlegefühl, Verstopfung oder Durchfall. Eher selten können Divertikel auch bluten.

Was soll man machen, wenn man den Verdacht hat, an der Divertikelkrankheit zu leiden?
Bei immer wieder kehrenden Schmerzen im linken Unterbauch, Stuhlunregelmässigkeiten und Fieber sollten Sie Ihren Hausarzt konsultieren. Die ärztliche Untersuchung und Blutwerte zeigen an, ob weiterführende Untersuchungen notwendig sind. Meist macht man eine Computertomographie, um den Verdacht zu bestätigen.

Eine Dickdarmspiegelung ist somit nicht nötig?
Doch, bei wiederkehrenden Beschwerden empfehlen wir eine Dickdarmspiegelung. Dabei interessiert es uns aber weniger, ob Sie Divertikel haben oder nicht (die haben Sie nämlich ziemlich sicher) sondern ob die Ursache der Beschwerden nicht eine andere ist, z. B. Dickdarmkrebs. Grundsätzlich möchte ich alle Personen über 50 motivieren eine Vorsorge-Dickdarmuntersuchung durchführen zu lassen, diese wird von der Krankenkasse bezahlt.

Wann kommen Patientinnen und Patienten ins Spital?
Wir sehen 4 bis 5 Patientinnen und Patienten wöchentlich, die wegen starken Bauchschmerzen ins Spital kommen und bei denen wir dann eine Divertikulitis diagnostizieren.

Wie sieht die Behandlung aus?
Einfache Entzündungen können meist mit Antibiotika behandelt werden, dafür müssen die Patientinnen und Patienten nicht im Spital bleiben. Teilweise können wir leichte Symptome auch nur mit Schmerzmittel behandeln. Wenn ein Divertikel platzt ist jedoch eine Notfalloperation notwendig.

Gibt es noch andere Gründe für eine Operation?
Früher hat man gesagt, dass man nach zwei Entzündungsschüben operieren sollte. Das ist heute anders. Bei unkomplizierten, immer wiederkehrenden Entzündungen hängt es sehr vom Leidensdruck der Patientin bzw. des Patienten ab, wann man operiert. Wer keine Lust hat immer wieder Antibiotika einzunehmen, keine Lust mehr hat auf Spitalaufenthalt, wer Angst hat in den Ferien plötzlich wieder an einer Entzündung zu leiden und dort vielleicht ins Spital zu müssen, der sollte sich operieren lassen. Andere Gründe für eine Operation sind: Wenn Antibiotika nicht wirkt, bei Beschwerden wegen einer chronisch entzündlichen Enge (Stenose) oder Fistel, immer wiederkehrenden oder komplizierten Entzündungen.

Wie lange muss man ins Spital für diese Operation?
Man muss mit fünf Tagen im Spital rechnen. Der Eingriff, die sogenannte «Sigmaresektion», gehört zu den Routineeingriffen und wird mit der sogenannten Schlüssellochtechnik durchgeführt, das heisst laparoskopisch oder mit Unterstützung des DaVinciXi-Roboters.

Und was muss man nach dem Eingriff beachten?
Nach dem Spitalaustritt sind keine speziellen Diäten zu befolgen. Sie dürfen wieder alles essen wie vor dem Eingriff. Man muss jedoch einen Arbeitsausfall von rund 2 Wochen für körperlich nicht strenge Arbeit einberechnen.

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