28.6.2023

Ein Jahr Advanced Practice Nurse (APN): "Ich sehe es als grossen Gewinn für unsere Patienten".

Seit einem Jahr setzen wir im Spital Männedorf eine Advanced Practice Nurse (APN) ein. Fabienne Mächler - die erste APN – hat in diesem Jahr viel Pionierarbeit geleistet. Mit einem breiten Erfahrungsschatz in der Krankenpflege und einer zusätzlichen akademischen Ausbildung überbrückt sie die Lücke zwischen den traditionellen Pflegerollen und den medizinischen Fachkräften.


Fabienne Maechler APN

Im folgenden Interview gewährt Fabienne Mächler uns Einblicke in ihren Arbeitsalltag und teilt ihre bisherigen Erfahrungen.

Du bist nun seit einem Jahr als erste APN bei uns im Einsatz. Wie blickst du auf das vergangene Jahr zurück? 

Das letzte Jahr war total aufregend und lehrreich. Ich erhielt die Möglichkeit, gemeinsam mit meiner Vorgesetzten Beata Antalova, die erste APN-Rolle im SMA aufzubauen. Wir haben einige Stunden mit konzeptionellen Aufgaben verbracht. Zuerst galt es die Rolle der APN im SMA zu definieren, um ein passendes und dienliches Konzept für die Patientinnen und Patienten und das gesamte Behandlungsteam zu erstellen. Deshalb freute es mich umso mehr, dass ich im April das Pilotprojekt definitiv starten konnte.

Pionierarbeit heisst auch Herausforderungen zu meistern. Was hast du diesbezüglich erlebt?

Das Jahr war von vielen «ups» aber auch einigen «downs» geprägt. Eine der grössten Herausforderung ist und bleibt im generellen die Finanzierung der APN-Stellen. Auch bergen der Aufbau und die Implementierung solcher Stellen Risiken. In der aktuellen Situation im Gesundheitswesen mit zunehmendem finanziellem Druck ist sicherlich nicht jede Institution bereit diese einzugehen. Umso mehr freut es mich, dass die Spitalleitung im Spital Männedorf grünes Licht zu der Implementierung gegeben hat. Herausfordernd bleibt im Moment die Frage, wie eine APN – falls sie auch im ambulanten Setting arbeiten würde – abrechnen kann. Dazu fehlen uns APNs aktuell schlichtweg rechtliche Bestimmungen. 

Herausforderungen sind die eine Seite der Medaille, Erfolge die andere Seite. Was war dein Highlight des vergangenen Jahres?

Die Zusage von der Spitalleitung, dass wir die erste APN-Stelle bewilligt bekommen haben, ist ganz klar das Highlight! Das war für mich natürlich der schönste Moment während des Projekts. Weiter war es beeindruckend zu sehen, dass sich eigentlich schon von Beginn an die wichtigsten Stakeholder positiv gegenüber dem APN-Projekt aussprachen. Ohne die Einwilligung von der Pflegedienstleitung Susanne Stierli, dem Chefarzt Medizin Dominik Schneider und dem CEO Stefan Metzker wäre das Projekt von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Während dem Projekt haben mich alle unglaublich unterstützt. Die unzähligen Motivationsgespräche mit dem Pflegeteam der Akutgeriatrie, den Stationsleitungen und den Geriatern haben mir einmal mehr gezeigt, weshalb ich hier im SMA am richtigen Ort bin. Die Offenheit, Flexibilität und Neugier aller Beteiligten hat mich fasziniert und fasziniert mich immer noch.  

Mit der akademischen Ausbildung soll die Lücke zwischen den traditionellen Pflegerollen und den medizinischen Fachkräften überbrückt werden. Gab es Differenzen vom APN Modell wie es im Studium gelernt wurde und der praktischen Umsetzung? 

Nach dem Studium hatte ich den Eindruck, das Rollenmodell APN in der Theorie sehr gut zu verstehen. Mit der Möglichkeit, diese Rolle dann selber nach Konzept aufzubauen, hat mich nochmals etwas anders gelehrt. Da ich selber alles «hands on» und Schritt für Schritt aufbauen durfte, verstehe ich jetzt erst richtig die APN-Rollen. Das «Hamric Modell»* war mir hier eine wichtige Stütze. Ich bin begeistert, dass dieses Modell eine so gute Praxistauglichkeit hat.  

Ist deine Pionierarbeit nach diesem ereignisreichen Jahr beendet?

Nein, mein Rollenaufbau der APN auf der Akutgeriatrie ist noch lange nicht beendet. Ich bin stetig dran, die Rolle noch etwas anzupassen, zu formen und innovativ zu bleiben. Erst während dem Tun merkt man, wo der Nutzen der APN am grössten sein könnte. Ich bin gespannt auf die Zukunft.  

Weiter sind wir schon am zweiten APN-Projekt, was mich total freut. Aktuell prüfen wir eine APN-Stelle auf der Viszeralchirurgie im Rahmen eines Pilotprojektes. Dazu übernimmt eine APN definierte ärztliche Tätigkeiten bei auserwählten Diagnosen. Es bleibt also spannend!  

Jetzt haben wir viel über die Aufbauarbeit und die Herausforderungen gesprochen. Kannst du kurz zusammenfassen inwiefern Patientinnen und Patienten vom neuen Angebot profitieren?

Als APN begleite ich Patientinnen und Patienten während ihrer Hospitalisation. Ich verstehe es als meine Aufgabe, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und sie individuell in ihrer jeweiligen Krankheitssituation zu begleiten und beraten. Nicht selten betreuen wir auch Patientinnen und Patienten mit kognitiven Einschränkungen. Dieser Patientengruppe gilt eine besondere Aufmerksamkeit, denn häufig können sie ihre Bedürfnisse nicht äussern. Im oft hektischen Spitalalltag kommen diese nicht selten zu kurz. Gerade bei dieser Patientengruppe sehe ich eine APN Stelle als grossen Gewinn, denn mit dem erweiterten Wissen und der praktischen Erfahrung wird dieser vulnerablen Patientengruppe mehr Beachtung geschenkt. Die Angehörigen haben mit einer APN eine Person, welche Kontinuität während der Hospitalisation darstellt. Oft rufen sie mich an und fragen, wie der Verlauf ihrer Liebsten bei uns ist. Diese Gespräche nutze ich dazu, noch mehr Informationen zu den Patientinnen und Patienten zu sammeln. Den Pflegenden kann ich Arbeit abnehmen und sie auch in komplexen Patientensituationen unterstützen und beraten. Mit den Ärzten habe ich abgesprochen, welche ärztlichen Aufgaben ich in Delegation ausführen kann, so können auch sie eine Entlastung im Alltag spüren.  

* Hamric Modell: Hamric, Spross & Hanson (2009) beschreiben ein Modell für die Rollen der APN. Sie definieren in ihrem Modell Primärkriterien, die zentrale Kompetenz sowie sechs Kernkompetenzen, welche ein/e APN inne hat und diese ausführt. Die zentrale Kompetenz ist die direkte klinische Praxis. D.h. dass eine APN in der direkten klinischen Praxis für eine definierte Patientengruppe tätig ist. Zu den Kernkompetenzen zählen Coaching, Beratungen, Forschungsfertigkeiten, klinisches und pflegespezifisches Leadership, Interdisziplinäre Zusammenarbeit, ethische Entscheidungsfindung.

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