«Jeder Eingriff zählt»
Ein Gespräch mit Prof. Ralph Peterli über Erfahrung, Teamarbeit und warum Grundversorgung oft unterschätzt wird.

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Ein Gespräch mit Prof. Ralph Peterli über Erfahrung, Teamarbeit und warum Grundversorgung oft unterschätzt wird.
Herr Professor Peterli, Sie zählen zu den erfahrensten Viszeralchirurgen der Schweiz. Was hat Sie bewogen, gemeinsam mit Prof. Bueter und Prof. Thalheimer die Praxis ViszeraMed zu gründen – und am Spital Männedorf tätig zu werden?
Die Idee, gemeinsam an einem Standort zu arbeiten, gibt es schon länger. Prof. Bueter und ich kennen uns seit vielen Jahren aus der Forschung und Berufsvertretung, mit Prof. Thalheimer verbindet mich eine freundschaftliche Zusammenarbeit. Als die Kooperation mit dem Universitätsspital Zürich im Bereich hochspezialisierter Chirurgie endete, suchten wir einen Ort, an dem wir weiterhin komplexe Eingriffe durchführen können, aber in einem Rahmen, der hohe Qualität mit persönlicher Betreuung verbindet. Das Spital Männedorf bietet dafür eine gute Grundlage. Mit ViszeraMed verfolgen wir das Ziel, die chirurgische Exzellenz an einem regionalen Spital langfristig zu stärken. Gerade im wettbewerbsintensiven Kanton Zürich. Das Spital Männedorf soll auch künftig eine wichtige Rolle in der Versorgung spielen. Deshalb führen wir sämtliche viszeralchirurgischen Eingriffe, für die das Spital einen Leistungsauftrag besitzt, grundsätzlich hier durch. Nur bei sehr komplexen Operationen, für die der HSM-Auftrag fehlt, weichen wir auf die Hirslanden Klinik aus, selbstverständlich immer in enger Abstimmung mit den Patientinnen und Patienten und unter Berücksichtigung ihres Wunsches. Dieses Modell sichert einerseits die Zukunftsfähigkeit des Spitals Männedorf, andererseits eine kontinuierlich hohe Versorgungsqualität in der Region.
Sie bringen jahrzehntelange Erfahrung in der minimalinvasiven Viszeralchirurgie mit. Welche Schwerpunkte setzen Sie heute?
Ich habe fast drei Jahrzehnte an einem sehr aktiven Spital operiert, angefangen mit grossen Tumorresektionen, später zunehmend minimalinvasiv und robotisch unterstützt. Neben der Adipositaschirurgie liegt mein Schwerpunkt in der kolorektalen Chirurgie, bei Hernien- und Refluxoperationen. Mein Ziel ist es, dieses breite Spektrum auch in Männedorf einzubringen und gemeinsam mit dem bestehenden Team weiterzuentwickeln.
Welche Rolle spielt dabei moderne Technik – etwa die roboterassistierte Chirurgie?
Moderne Technik ist hilfreich, wenn sie den Patientinnen und Patienten konkrete Vorteile bringt, etwa durch mehr Präzision oder schnellere Erholungszeiten. Entscheidend ist immer, was für die jeweilige Situation sinnvoll ist.
Das Spital Männedorf ist ein regionales Haus. Was reizt Sie nach vielen Jahren in universitären Strukturen daran?
Regionale Spitäler ermöglichen eine sehr direkte, persönliche Versorgung. Die Wege sind kürzer, die Kommunikation effizienter, die Verantwortung klarer zugeordnet. Das kommt sowohl Patientinnen und Patienten als auch dem interdisziplinären Team zugute. Ich
empfinde das regionale Umfeld nicht als Einschränkung, sondern als Chance. Besonders, wenn man hohe Qualität mit persönlicher Betreuung verbinden will.
Wie wichtig ist für Sie die Zusammenarbeit mit zuweisenden Ärztinnen und Ärzten?
Hausärztinnen und Hausärzte kennen ihre Patientinnen und Patienten oft über Jahre. Gerade bei operativen Eingriffen sind die langjährigen Kenntnisse der Hausärztinnen und Hausärzte oft entscheidend. Eine enge, kollegiale Zusammenarbeit ist aus meiner Sicht zentral. Ich bin überzeugt, dass gute Medizin auf gegenseitiger Wertschätzung und Zusammenarbeit basiert.
Sie gelten als Pionier der metabolischen Chirurgie. Wie verändert diese Erfahrung Ihre Haltung als Viszeralchirurg?
Die Arbeit mit Menschen mit Adipositas hat mir nochmals deutlich gemacht, wie wichtig Empathie, Geduld und Teamarbeit sind. Viele dieser Patientinnen und Patienten erleben Stigmatisierung und Schuldgefühle. Ihnen mit Respekt zu begegnen ist zentral. Gleichzeitig ist es fachlich enorm spannend, weil Forschung, Technik und Betreuung hier eng verzahnt sind. Dieses Denken – interdisziplinär, forschend, zugewandt – prägt meine gesamte chirurgische Haltung.
Wie bringen Sie Forschung und Lehre in Ihre heutige Arbeit ein?
Ich habe immer gern operiert aber auch gerne gelernt und gelehrt. Es gehört zur ärztlichen Verantwortung, Wissen weiterzugeben und Entwicklungen voranzutreiben. In unserem Netzwerk entstehen hier viele neue Möglichkeiten, insbesondere im Austausch zwischen Praxis und Klinik.
Einige befürchten, dass Professoren vor allem Spitzenmedizin machen wollen, nicht aber Grundversorgung. Was antworten Sie darauf?
Ich verstehe die Sorge, teile sie aber nicht. Ich operiere komplexe Eingriffe mit der gleichen Sorgfalt wie kleinere. Für Patientinnen und Patienten ist jeder Eingriff bedeutsam. Das verpflichtet uns, mit der gleichen Sorgfalt an jeden Fall heranzugehen. Gute Grundversorgung ist anspruchsvoll und verdient dieselbe Aufmerksamkeit wie hochspezialisierte Medizin.
Was möchten Sie in fünf Jahren erreicht haben – am Spital Männedorf und mit ViszeraMed?
Ich wünsche mir, dass sich hier ein etabliertes Bauchzentrum entwickelt hat mit einem eingespielten Team, das fachlich überzeugt und menschlich Vertrauen schafft, sowohl bei Patientinnen und Patienten wie bei Zuweisenden.